Mittwoch, 19. Mai 2010

Alltag (35): Zuspruch für 'Angst-Eltern'

Es gibt neue Eltern in Deutschland - also war es nur eine Frage der Zeit bis es auch neue Eltern-Zeitschriften gebe würde: 'Luna' und 'Nido' versprechen Lifestyle und Urbanität, wo es früher nur Ratgeber- und Öko-Journalismus gab.

Als die Nido vor gut einem Jahr erstmals erschien, hieß es im Vorwort: "Eines wird NIDO bestimmt nicht: Sie auf ein Mutter- oder Vater-Dasein reduzieren (...)." (1-2009, S. 5). Damit hat man nicht nur den Finger direkt in die offene Wunde gesteckt, sondern diesen vorher noch in Salz getunkt, denn bei der Nido-Zielgruppe handele es sich um typischen "Angst-Eltern".

Das erklärte uns zumindest Harald Staun am 3. Mai 2009 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (S. 33): "Der Wunsch, ein Leben mit Kindern, aber ohne die üblichen lebenserleichternden Maßnahmen wie Garten, Minivan, bügelfreei Hemden (...) zu führen, ist ganz offensichtlich groß genug, junge Menschen auch mit Kindern im Prenzauler Berg zu halten (...) allein eines diffusen Gefühls der Urbanität willen, (...) wenigstens geographisch den Anschluss an ihre Jugend zu halten." Man wolle seinen "hedonistischen Lebenswandel" als "persönlichkeitsbildender Akt" beibehalten und beweise am Ende durch die Lektüre nur die eigene Spießigkeit...

Es tut natürlich ein bisschen weh, sich selbst als "Angst-Eltern" fühlen zu müssen, weil man die Zeitschrift gekauft hat, aber Staun hat natürlich da recht, wo er im inszenierten Individualismus eine Art neue Uniformität glaubt entdeckt zu haben. So empfand ich auch die Lektüre der Artikel als sehr berechenbar: Egal welches Thema, den Tenor und die Message hätte man de facto schon vor dem Lesen aufsagen können.

Also, sind wir doch keine "Angst-Eltern", denn die Nido taugt zum Durchblättern, aber nicht zur regelmäßigen Informationsaufnahmen. Nett fand ich im ersten Heft, die Fotostrecke, in der Kinder aus verschiedenen Ländern rund um den Globus ihre Spielzeuge herzeigen (1-2009, S. 16-23) und im zweiten Heft die Bilder- und Textstrecke, in der Kinder in ihrer kindlich offenen Art ihre behinderten Geschwister vorstellen (2-2009, S. 72-78). Alles, was danach kam, habe ich nicht weiter verfolgt.

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