Montag, 31. Dezember 2007

Papier ist geduldig (1): Unterhaltsame Zweitverwertung unter kindlicher Perspektive

Man kann nicht wirklich behaupten, dass der Autor einen nicht gewarnt hätte: Bereits in der Vorbemerkung seines Buches „Halt mal, Schatz“ weist Jochen Malmsheimer darauf hin, dass er einiges aus anderen Programmen zweitverwertet, aber „allerdings gründlich überarbeitet“ (S. 11) habe. Besonders die Erinnerungen an die eigene Kindheit, die mathematisch 10 Prozent des Buches, aber gefühlt mindestens ein Drittel des Umfangs ausmachen, hätten auch unter anderem Titel veröffentlich werden können. Unter diesem Eindruck kommt einem auch der Rest nicht mehr ganz so originär und auch nicht mehr ganz so originell vor.

Bei dem Autor und dem Untertitel („Alles über Planung, Kiellegung, Stapellauf und Betrieb eines Babys“) hätte man eher einen launigen Ratgeber als eine Sammlung satirischer Szenen und humoresker Gedankensplitter erwartet. Wer die Direktheit der Ruhrgebietler und z.B. den Stil von Frank Goosen (die andere Hälfte des legendären „Tresenlesen“ neben Jochen Malmsheimer) schätzt, wird trotzdem an dem Büchlein seinen Spaß haben. Ich mag es, wenn gewisse Typen passend als „kirchentagsgestählte Du-Aufzwinger“ (S. 56) bezeichnet oder als „verbrieft kinderlose Buchhändlerin (…), die mit beiden Beinen auf der Erde stand und sich dabei offensichtlich bisweilen auch noch mit den Armen abstützte“ (S. 71) beschrieben werden. Oder auch die Geschichte von Ludwig, dem Freund aus Kindertagen, der beim Cowboy-und-Indianer-Spielen in den 70ern wie im Fernsehen beim Anschleichen die Spannungsmusik gleich mitmachte, so dass er sich immer verriet (vgl. S. 236).

Um den Vater-Alltag entspannter meistern zu können, taugt das Büchlein wenig – um jedoch dem Vater-Alltag ein bisschen zu entfliehen, eine ganze Menge.

Link zum Taschenbuch bei Amazon

Idee:

Umsetzung:


Mehrwert:

Samstag, 29. Dezember 2007

Die andere S(e)ite (1): Nomen est Omen – in 80 Namen um die Welt

Abb. DaS 1.1: www.babynamemap.com (Screenshot v. 29.12.07)

Es ist eine interessante Vorstellung, den Namen seines Kindes nach der globalen, relativen Häufigkeitsverteilung auszusuchen. Das ist zumindest dabei herauskommen, als Guy Davis als angehender Vater im Oktober 2007
babynamemap.com gestartet hat. Auf der Suche nach dem ultimativen Namen für sein Kind, habe er sich gefragt, wo wann welche Namen populär seien. Und damit man sich nicht in endlosen Listen verzetteln muss, hat er eine hübsche Web2.0-Anwendung daraus gemacht (vgl. Abb. DaS 1.1), die alles bietet, was man von hübschen Web2.0-Anwendungen so erwartet: Eigene Daten (Kinderbilder) hochladen, Namen bewerten, Verlinkungen teilen etc. – und natürlich wird das ganze Projekt vom Urheber in einem eigenen Blog begleitend kommentiert.

Abb. DaS 1.2: Willkürliche Beispiel (hier: „Guy“) einer Namensrecherche – die Icons oben rechts lassen von links nach rechts Details, Statistik-Chart, Bilder, Kommentare, Favoriten und Karten-Legende (Screenshot v. 29.12.07)

Der Name ist Programm:
Die Hauptanwendung der Babynamen-Karte besteht darin, dass man sich in eine Welt-Karte der Babynamen reinzoomen kann und sich für verschiedene Standorte und Regionen die häufigsten Namen anzeigen lassen kann – oft auch im zeitlichen Verlauf. So lässt sich zum Beispiel nachweisen, dass Guy (der Vorname des Babynamen-Kartographen) in den USA in den 1960er sehr beliebt gewesen war (vgl. Abb. DaS 1.2). Überhaupt scheinen aus den USA die meisten Daten vorzuliegen. Deutschland ist noch Brachland, aber in Österreich stand Lukas bei den Jungens und Lena bei den Mädchen im Jahr 2006 offensichtlich ganz oben auf der Hitliste (vgl. Abb. DaS 1.3). Leider lassen sich die ursprünglichen Datenquellen nicht erkennen und es ist offen, wie die Daten gesammelt und zusammengetragen wurden.


Abb. DaS 1.3: Deutschland ist in der babynamemap.com noch ein weißer Fleck, aber Österreich ist schon erfasst (Screenshot v. 29.12.07)

Ob es Guy geholfen hat, einen Namen für sein Kind zu finden?
Es ist nachvollziehbar, dass man seinem Nachwuchs einen Namen mitgeben möchte, mit dem nicht unbedingt jeder Zweite des Jahrgangs gesegnet ist, aber es ist doch relativ egal, wenn der gewählte Favorit auf der anderen Seite des Globus weniger oder auffallend populär wäre – mir zumindest. Daher kann ich das Projekt als hübsche Web2.0-Anwendung zum Durchklicken empfehlen, finde die Idee ganz nett, kann aber leider keinen Mehrwert erkennen. Namen sind halt doch nur Schall und Rauch…

Bewertung


Idee:


Umsetzung:


Mehrwert:

Montag, 17. Dezember 2007

Sinn & Zweck (1): Du bist nicht allein...

Das Internet ist voll davon: Blogs, die die Welt nicht braucht... Die meisten davon sind zahn- und harmlos und nach dem dritten Beitrag hat so manche experimentelle Selbstdarstellung ihren Reiz bereits wieder verloren. Wer hochmütig und vollmundig Besserung gelobt, wird sich beim Fallen an die eigene Nase fassen müssen.

Sich in Euphorie über die Freuden der Vaterschaft im Netz verströmen zu wollen, ist weder neu noch originell - ein kleiner 'Google'-Testlauf mit den Suchwörter "Papa" und "Blog" lieferte Anfang Dezember 2007 bereits mehr als eine Million Treffer (siehe Bild S&Z1.1). Die Botschaft war klar: "Du bist nicht allein!" rief mir dieses Resultat entgegen.

Bild S&Z1.1: Suchlauf bei www.google.de (Screenshot/Fotomontage v. 10.12.07)

Das hätte mir eigentlich auch klar sein können, denn noch hatte es die Menschheit nicht geschafft sich auszurotten und so wie sie sich weiterhin vermehrt, dürfte es fürderhin genügend begeisterte und darüber hinaus deswegen auch noch mitteilungsbedürftige Papis geben. Der internationale Gegentest mit den Suchwörter "dad" und "blog" lieferte prompt folgerichtig über 20 Millionen Treffer (vgl. Bild S&Z1.2). Klare Message: "You are not alone!"

Bild S&Z1.2: Suchlauf bei www.google.de (Screenshot/Fotomontage v. 10.12.07)


Und dennoch fehlte mir während meiner "Anwartschaft" - so ließe sich der Zeitraum, der sich parallel zur Schwangerschaft der Partnerin erstreckt, bezeichnen und das unsägliche Schlagwort der "Co-Schwangerschaft" vermeiden - so etwas wie die virtueller Bruderschaft der Vater-Novizen. Gibt es ganz bestimmt schon irgendwo im Netz, aber lag unter all den vielen Verzeigungen nicht gleich auf der Hand.

Stattdessen: Viel werblich Motiviertes (ganz nach dem Motto: "Wenn Du es 'Portal' nennst, brauchst Du keine Inhalte - verramschte Werbeflächen sind völlig ausreichend!") oder arg Privates (von täglichen digitalisierten Stuhlproben bis hin zu den romantischten Rührseligkeiten). Handfester Pragmatismus vermeintliche Mangelware.

Ein Logbuch dokumentiert und kommentiert die nautische Entdeckerreise - ein Web-Log müsste somit die kommentierte Dokumentation der digitalen Erkundungsfahrt sein. So habe ich mir vorgenommen, die ein oder andere interessante Webpage für Papas unter die Lupe zu nehmen - denn bei über einer Million Verweisen, muss doch auch Vernünftiges dabei sein! Und wenn sich darüber hinaus der Austausch mit anderen begeisterten Vätern ergeben sollte, so würde mich das auch sehr freuen, denn schließlich gilt ja: "Du bist nicht allein..."